STALIN by Dimitri Wolkogonow

STALIN by Dimitri Wolkogonow

Autor:Dimitri Wolkogonow [Wolkogonow, Dimitri]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: edition berolina / BEBUG mbH
veröffentlicht: 2016-02-26T16:00:00+00:00


Bei einem der Verhöre Tuchatschewskis war Wyschinski anwesend. Er zwang Tuchatschewski, die Zeilen »Ich bekenne mich schuldig, ich habe keine Beschwerden« zu unterschreiben. Beschwerden und Gnadengesuche hatten beinahe alle an Stalin, Molotow und Woroschilow geschrieben.

Tuchatschewski und seine Kameraden hatten eine »energische« Bearbeitung durchlaufen müssen: Einschüchterung, Bedrohung der Familien, grenzenlose Gewalt. Dann wurde ihnen in der Voruntersuchung eingetrichtert, nur ein Geständnis könne ihnen das Leben retten.

Vor der Urteilsverkündung waren Ulrich und Jeschow kurz bei Stalin. Sie berichteten ihm über den Verlauf des Prozesses und über das Verhalten der Angeklagten. Liebedienerisch legte Ulrich den Urteilsentwurf auf Stalins Schreibtisch. Der sagte, ohne ihn zu lesen: »Einverstanden.« Er schwieg eine Weile und fragte dann: »Was sagte Tuchatschewski in seinem Schlusswort?«

»Der Schuft sagte, er sei der Heimat und dem Genossen Stalin ergeben. Er bat um Nachsicht«, antwortete Jeschow schnell. »Aber es wurde schnell klar, dass er sich verstellt und dass er die Waffen nicht abgelegt hat.«

»Und das Gericht? Wie haben sich die Beisitzer verhalten?«

»Aktiv verhielt sich lediglich Budjonny. Die Gerichtsmitglieder schwiegen im Großen und Ganzen. Ein oder zwei Fragen stellten Alksnis, Blücher, ja und, ich glaube, Below.«

Stalin war die Gerichtsbesetzung von Anfang an verdächtig gewesen. Er gab sogleich Anordnung, man solle diese Leute »beobachten«. Außer Budjonny und Schaposchnikow wurden alle bald verhaftet. Der Armeekommandeur 2. Ranges Kaschirin wurde wie zwei seiner Brüder bereits einige Tage nach dem Prozess festgenommen.

In der Nacht des 12. Juni wurden Tuchatschewski und seine Kameraden erschossen. Auch Primakow, obwohl man ihm versprochen hatte, ihn wegen seines Geständnisses am Leben zu lassen. »Für die Spione und die Verräter unserer Heimat gibt es keine Gnade!« So war der Leitartikel im »Bolschewik« überschrieben, der sich mit dem Tuchatschewski-Prozess befasste.

Das Strafgericht gegen die Militärkader hatte seinen Auftakt erlebt. Menschen wie Mechlis arbeiteten nun auf vollen Touren. Jedem Telefonanruf, jedem Telegramm, jedem Bericht, jeder Verleumdung wurde nachgegangen. Hier beispielsweise zwei Telegramme, die von Mechlis stammen:

»Moskau, an das NKO (Volkskommissariat für Verteidigung; A. d. Ü.) Schtschadenko.

PURKKA (Politische Verwaltung der Roten Armee; A. d. Ü.) Kusnetzow.

Stabsführer Lukin ist ein äußerst verdächtiger Mensch, er treibt sich mit den Feinden herum und hat Verbindungen zu Jakir. Der Brigadekommandeur Fjodorow müsste ausreichendes Material über ihn haben. In meiner Notiz über Antonjuk wurde Lukin nicht wenig Aufmerksamkeit gewidmet. Sie werden nichts falsch machen, wenn Sie Lukin, ohne zu zögern, entlassen.

27. Juli Mechlis«



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